Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)
Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) (original: "International Classification of Functioning, Disability and Health) ist eine Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Klassifikation wurde 2001 als Nachfolgerin der ICIDH von der WHO herausgegeben. Herausgeber der deutschsprachigen Version aus dem Jahr 2005 ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Alle Rechte an der ICF, auch an der deutschen Übersetzung, liegen bei der WHO.
ICF und zugrundeliegendes bio-psycho-soziales Modell
Der ICF liegt das bio-psycho-soziale Modell zugrunde. Die ICF klassifiziert die sogenannten Komponenten von Gesundheit "Körperfunktionen", "Körperstrukturen", "Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe)" sowie "Umweltfaktoren" unter Berücksichtigtung der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten.
Das Konzept der ICF fragt danach, was ein Gesundheitsproblem im Leben einer Person ausmacht und durch welche Faktoren dies beeinflusst wird. Das heißt, es ermöglicht, Auswirkungen eines Gesundheitsproblems zu beschreiben und dabei Wechselwirkungen mit relevanten Kontextfaktoren in den Blick zu nehmen.
Ziel dabei ist es letztlich, mit der ICF eine international verständliche, einheitliche und standardisierte Sprache zu verwenden, um die Kommunikation zwischen den Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen und den Menschen mit Beeinträchtigung zu verbessern und individuell ableiten zu können, welche Unterstützung jemand benötigt.
Struktur der ICF, Kodierung und Beurteilung
Kern der ICF sind vier eigenständige parallele Klassifikationen, die vier Komponenten
- Körperfunktionen: Komponente b (bodyfunctions)
- Körperstrukturen: Komponente s (bodystructures)
- Aktivitäten und Partizipation: Komponente d (daily activities)
- Umweltfaktoren: Komponente e (environmental factors)
Um Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheitszustand eines Individuums anhand der ICF umfassend zu beschreiben, sind in der Regel mehrere Kodes aus allen vier Komponenten nötig. Die ICF bildet über 1000 solcher Kodes bzw. Kategorien ab. Da dies in der Praxis nicht handhabbar ist, werden je nach Anwendungsbereich beeinträchtigungs- oder einrichtungsspezifische "ICF Core Sets" gebildet, die weniger Kategorien umfassen.
Aussagekräftig sind die betrachteten Kodes erst dann, wenn sie um Beurteilungsmerkmale ergänzt werden.
Die Beurteilungsmerkmale beschreiben beispielsweise das Ausmaß einer Schädigung oder die Art einer Veränderung. Bei den Umweltfaktoren z. B. kann ein Faktor unter Berücksichtigung der jeweiligen Intensität als Förderfaktor oder als Barrierefaktor beurteilt werden.
Der Faktor "abgesenkte Bordsteinkante" z. B. stellt für Rollstuhlnutzer/innen eine große Hilfe dar und kann daher als starker Förderfaktor kodiert werden. Für eine blinde Person kann eine abgesenkte Bordsteinkante jedoch ein Hindernis sein und daher als Barriere kodiert werden.
In der Praxis wird jeder Kode mit mindestens einem Beurteilungsmerkmal verknüpft.
Anwendung der ICF in der deutschen Sozialgesetzgebung
In Deutschland wurde die Entwicklung der Sozialgesetzgebung maßgeblich von der ICF beeinflusst. So wurde die Gestaltung des SGB IX (2001) wesentlich beeinflusst durch die Vorläuferfassung der ICF, der ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps). Die Anwendung der ICF wurde über die Rehabilitations-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gesetzlich verankert.
Auch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) vom 23. Dezember 2016 verweist auf die ICF: der künftige § 118 BTHG legt fest, dass der individuelle Bedarf an Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung durch ein Instrument zu ermitteln ist, das sich an der ICF orientiert (Übergangsregelung bis 31.12.2019 in § 142 SGB XII).
Quelle: Der Artikel beruht zum überwiegenden Teil auf Informationen des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)