Parlamentarischer Abend Berufsbildungswerke: Eine Investition, die sich lohnt 26.09.2024

„Starke Perspektiven – Investitionen in berufliche Rehabilitation rechnen sich": So lautete das Motto unseres Parlamentarischen Abends gestern. Zahlreiche Politiker*innen und Verbandsvertreter*innen waren unserer Einladung in die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft gefolgt, um sich über die Arbeit der Berufsbildungswerke zu informieren und dazu auszutauschen. Moderiert wurde die Veranstaltung von ARD-Hauptstadtkorrespondentin Kerstin Palzer.

Tobias Schmidt, Vorsitzender der BAG BBW, machte in seiner Begrüßung deutlich, dass die berufliche Rehabilitation in Berufsbildungswerken ein Erfolgsmodell ist, das nachhaltig wirkt. „Berufsbildungswerke bieten ein verlässliches und langfristiges Setting. Zusätzlich zur dualen Ausbildung kümmert sich das BBW um den Berufsschulunterricht, psychologische-pädagogische Hilfen und stellt ein passenden Wohnangebot zur Auswahl. Dieses Rundum-Paket ist die Basis, um Lebensläufe von jungen Menschen in der Krise positiv zu verändern. Dieses Rundum-Paket kann eine betriebliche Ausbildung nicht bieten“. Derzeit würden 16000 Jugendliche mit Teilhabeeinschränkungen in 51 Berufsbildungswerken diese vielfältige Unterstützung beim Start ins Berufsleben erhalten.

Brücke in selbstbestimmtes Leben

Takis Mehmet Ali, Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen der SPD-Bundestagsfraktion und Schirmherr der Veranstaltung, würdigte in seiner Videobotschaft die Arbeit der Berufsbildungswerke: „Sie leisten einen bedeutenden Beitrag zur Inklusion und setzen sich unermüdlich für die gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen mit Behinderung ein und schaffen die Brücke in ein selbstbestimmtes unabhängiges Leben. Sie schaffen auch wertvolle Angebote für schwer erreichbare junge Erwachsene und entwickeln Maßnahmen, die geflüchteten Jugendlichen helfen, in unserer Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“

Vorbild für andere

Im Zentrum des Parlamentarischen Abends standen zwei persönliche Erfolgsgeschichten, die zeigen, wie erfolgreich die Potentiale und Talente von Menschen mit besonderen Unterstützungsbedarfen in den Berufsbildungswerken gefördert werden.

Tobias Müller, ehemaliger Auszubildender im BBW Timmendorfer Strand, berichtete, dass er schon in der Sonderschule auf Grund seiner Behinderung entmutigt wurde, einen Berufsweg außerhalb der Werkstatt für behinderte Menschen einzuschlagen. Dank der Unterstützung und Förderung durch seine Eltern und Freunde hat Tobias Müller sich für einen anderen Weg entschieden und seinen Hauptschul- und Realschulabschluss nachgeholt. Von der Rehaberaterin in der Bundesagentur für Arbeit wurde ihm eine Ausbildung im BBW Timmendorfer Strand vorgeschlagen. Dort hat er mit einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) gestartet, anschließend folgte eine Fachpraktikerausbildung und schließlich die Vollausbildung zum Kaufmann für Büromanagement. Tobias Müller hat es geschafft. Er ist seit kurzem Kundenberater im Service Center der IHK zu Lübeck. „Vor allem durch die Unterstützung des Reha-Teams im Berufsbildungswerk bin ich genau in die Richtung gebracht worden, in die ich wollte – nämlich den 1. Arbeitsmarkt. Ich bin eigenständig geworden und kann mein Leben selbst strukturieren“, erklärt Tobias Müller stolz.

Mit vielen Herausforderungen bei ihrem schulischen und beruflichen Werdegang sah sich auch Joviah Lalam-Wandera konfrontiert, die 2010 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Uganda nach Deutschland gekommen war. Nach dem Hauptschulabschluss  stieg sie 2014 in die Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) und 2016 in die Ausbildung im BBW Stiftung ICP München ein. Akribisch hat Lalam-Wandera, die auch medizinisch und therapeutisch im BBW betreut wurde, von Anfang an Deutsch gelernt. Damit sie sich ganz auf die Ausbildung konzentrieren konnte, hat das BBW ICP München dafür gesorgt, dass ihre Tochter einen Platz in der Kinderkrippe und später im Kindergarten bekommt. Joviah Lalam-Wandera hat nicht nur die Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement erfolgreich gemeistert, sie arbeitet seit über 2 Jahren in einer Münchner Klinik in der Patientenverwaltung. „Das BBW hat mich zu meinem Traumjob geführt und mir mehr Mut gegeben, an mich selbst zu glauben, dass ich den Job schaffen kann, egal wie schwierig meine Situation bis dahin war. Wenn man ein Ziel vor Augen hat, kann man viel erreichen, man muss dranbleiben und an sich glauben“, ermutigt Lalam-Wandera andere.

Tanja Girndt, Referatsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, und Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung, Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, veranschaulichten in ihren Impulsreferaten, wie wichtig die Investitionen in BBW die Berufsbildungswerke. Außerdem erläuterten sie, welche Erwartungen sie an die Berufsbildungswerke in Zukunft haben.

Inklusion braucht Demokratie

Zum Abschluss appellierte Tobias Schmidt an die Gäste: „Angesichts der Wahlerfolge von extrem populistischen Parteien in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist es wichtiger denn je, sich für Vielfalt, Teilhabe und Demokratie stark zu machen und denjenigen, die gezielt Ängste schüren und mit Hass und Hetze die Gesellschaft spalten wollen, eine klare Absage zu erteilen. Inklusion ist ein Menschenrecht. Sie ist gesetzlich verankert und darf nicht infrage gestellt werden“

Bildnachweis

Für die Fotos in der Bildergalerie: © BAG BBW |  David Ausserhofer (Fotograf)